Wenn irgendwo auf der Welt ein Handy klingelt, ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht so gering, dass der Ton von mir stammt. Ich heiße Lilu, bin Sounddesignerin – und habe mich auf etwas spezialisiert, das viele längst für selbstverständlich halten: Klingeltöne.
Wie alles begann
Schon als Kind war ich fasziniert von Geräuschen. Während andere Kinder Lieder nachgesungen haben, habe ich versucht, das Geräusch eines alten Röhrenfernsehers oder das Ticken der Küchenuhr mit meinem Kassettenrekorder einzufangen. Später, während meines Studiums im Bereich Audiodesign, habe ich entdeckt, wie viel Kunst in Alltagsklängen stecken kann – und wie viel Gestaltungsspielraum es auch in kurzen, funktionalen Sounds gibt.
So kam es, dass ich mich auf etwas spezialisiert habe, das viele gar nicht mehr bewusst wahrnehmen: den Klingelton. Für mich ist er mehr als ein kurzer Pieps oder ein nerviges Signal – er ist ein kleines akustisches Statement.
Was macht einen guten Klingelton aus?
Ein guter Klingelton muss mehr können, als nur Aufmerksamkeit zu erregen. Er soll nicht nerven, sich vom Lärm der Umgebung abheben und im besten Fall sogar ein bisschen Persönlichkeit transportieren. Ich sehe ihn wie ein akustisches Logo – kurz, prägnant und unverwechselbar.
Wenn ich an einem neuen Ton arbeite, stelle ich mir immer zuerst eine Stimmung vor: Soll der Ton frisch und dynamisch sein? Ruhig und meditativ? Oder vielleicht verspielt und humorvoll? Manchmal nehme ich dafür sogar Alltagsgeräusche auf – etwa das Quietschen einer alten Schaukel oder das Klicken eines Fahrrads – und verwandle sie in rhythmische Loops oder melodische Fragmente.
Zwischen Technik und Gefühl
Die technische Seite ist komplexer, als viele denken. Ein Klingelton muss auf möglichst vielen Geräten gut klingen – vom günstigen Einsteigermodell bis zum High-End-Smartphone. Ich teste daher jeden Ton auf mehreren Lautsprechern, in verschiedenen Lautstärken und Hörumgebungen. Gleichzeitig darf bei all der Technik das Gefühl nicht verloren gehen – denn ein Klingelton ist immer auch etwas Persönliches.
Die stille Evolution des Klingeltons
Natürlich, viele Menschen schalten ihr Handy heute lautlos. Aber das heißt nicht, dass der Klingelton ausstirbt – im Gegenteil. Ich glaube, er wird zunehmend zu einem bewussten Ausdruck von Individualität. Ein persönlicher Ton sagt heute oft mehr über jemanden aus als ein Bildschirmhintergrund.
Gerade arbeite ich an einem spannenden Projekt: einer Kollektion von Klingeltönen, die sich an natürlichen Biorhythmen orientieren – sanfte, sich verändernde Klänge, die je nach Tageszeit unterschiedlich wirken. Warum sollte uns unser Gerät nicht achtsam und angenehm begrüßen?
Fazit
Ich liebe, was ich tue. Für viele bin ich „der Typ, der Handy-Töne macht“. Für mich ist das aber viel mehr als nur ein Job. Es ist eine Art akustisches Geschichtenerzählen im Miniaturformat. Also, wenn dein Handy das nächste Mal klingelt – hör genau hin. Vielleicht ist es ja einer meiner Töne. Und vielleicht erzählt er dir gerade etwas über dich.